Corona 2023
Nobelpreis für Corona-Impfstoff-Pioniere
Stand 20.10.23 - 11:42 Uhr
Selten gab es ein so stark favorisiertes Thema für den Medizin-Nobelpreis wie in diesem Jahr. Die Auszeichnung geht an zwei Forschende für entscheidende Grundlagen zur Entwicklung von Corona-Impfstoffen.
Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an die in Ungarn geborene Forscherin Katalin Kariko und den US-Amerikaner Drew Weissman für Grundlagen zur Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19. Foto: Peggy Peterson/Penn Medicine/dpa
Für ihre grundlegenden Arbeiten zu mRNA-Impfstoffen
Stockholm/Berlin (dpa) – Für ihre grundlegenden Arbeiten zu mRNA-Impfstoffen gegen Corona erhalten in diesem Jahr die in Ungarn geborene Biochemikerin Katalin Karikó und der US-Immunologe Drew Weissman den Nobelpreis für Medizin. Das teilte das Karolinska-Institut in Stockholm mit. Die Preisträger hätten mit ihrer Forschung «zu dem beispiellosen Tempo der Impfstoffentwicklung während einer der größten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit in moderner Zeit» beigetragen, hieß es vom Nobelkomitee.
Die beeindruckende Flexibilität und Geschwindigkeit, mit der mRNA-Impfstoffe entwickelt werden könnten, ebnet nach den Worten des Nobelkomitees den Weg auch für Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten. «In Zukunft könnte die Technologie auch zur Verabreichung therapeutischer Proteine und zur Behandlung bestimmter Krebsarten eingesetzt werden.»
- Anzeige -Millionen Menschenleben wurden gerettet
«Mehrere andere Impfstoffe gegen Sars-CoV-2, die auf unterschiedlichen Methoden basieren, wurden ebenfalls rasch eingeführt, und insgesamt wurden weltweit mehr als 13 Milliarden Covid-19-Impfdosen verabreicht», so das Nobel-Komitee. «Die Impfstoffe haben Millionen von Menschen das Leben gerettet und bei vielen weiteren schwere Erkrankungen verhindert, so dass sich die Gesellschaften öffnen und zu normalen Bedingungen zurückkehren konnten.»
Eine bessere Wahl für den Medizin-Nobelpreis könne es nicht geben, schrieb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf X, vormals Twitter. «Mit Katalin Karikó und Drew Weissman werden die beiden Menschen geehrt, die jahrelang gegen den Trend mRNA-Forschung gemacht haben. Ohne sie wären Millionen Menschen mehr an Covid gestorben.» Die mRNA in den Impfstoffen ist der Bauplan für ein Virusprotein. Dieses wird nach der Impfung im Körper hergestellt. Das Immunsystem richtet sich dann gegen das Virusprotein.
Karikó und Weissmann seien überaus froh über die Nachricht der Auszeichnung gewesen, es sei wunderbar gewesen, mit ihnen zu sprechen, sagte der Sekretär der Nobelversammlung des Karolinska-Instituts, Thomas Perlmann. Karikó habe gesagt, sie sei völlig überwältigt.
Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novak und Ministerpräsident Viktor Orban beglückwünschten die Forscherin. Beide betonten, sie sei die erste Frau aus Ungarn, die diese Auszeichnung bekomme. «Ich gratuliere der ersten ungarischen Nobelpreisträgerin! Wir sind stolz», schrieb Orban bei Facebook.
Glückwünsche auch von Biontech
Der Impfstoffhersteller Biontech gratulierte Weissman und Karikó, die jahrelang bei dem Mainzer Unternehmen angestellt war. Ihre Arbeit sei wegbereitend gewesen und habe eine der wichtigen Innovationen für den mRNA-basierten Covid-19-Impfstoff von Biontech und Pfizer gebracht, teilte das Unternehmen in Mainz mit. «Wir schätzen Kati und Drew für ihre Leidenschaft, ihre Beharrlichkeit und ihr Engagement.»
Katalin Karikó, 1955 in Ungarn geboren, arbeitet derzeit an den Universitäten Pennsylvania (USA) und Szeged (Ungarn), Drew Weissman (64) ebenfalls an der Universität Pennsylvania. Die bedeutendste Auszeichnung für Mediziner wurde 2023 um eine Million auf nun 11 Millionen schwedische Kronen (950 000 Euro) erhöht.
Die Corona-Impfstoffe des Mainzer Unternehmens Biontech und des US-Konzerns Moderna waren die ersten zwei mRNA-Produkte, die auf den Markt kamen. An der Technik tüfteln Forscher schon seit Jahrzehnten. Lange Zeit flossen viele Fördermittel allerdings in andere Ansätze, die als vielversprechender galten.
Die zunächst in Ungarn forschende Karikó glaubte trotz aller Rückschläge und Widrigkeiten stets weiter an den Nutzen der mRNA für die Medizin. In den USA forschte sie ab 1998 mit Drew Weissman, den sie zufällig beim Kopieren von Fachartikeln getroffen hatte. «Zum Glück war das 1998 und ich kopierte damals noch», sagte Karikó einmal der «New York Times».
Der entscheidende Durchbruch gelang dem Forschungsduo, als es einen Baustein der mRNA austauschte und die mRNA daraufhin nicht mehr so rasch in der Zelle abgebaut wurde. Ein Fachartikel des Teams dazu stieß 2005 allerdings auf wenig Resonanz, sowohl in der Fachwelt als auch bei Geldgebern.
2013 traf Karikó schließlich Ugur Sahin, der mit seiner Frau Özlem Türeci Biontech gegründet hatte. Er habe ihr noch am selben Tag einen Job angeboten, sagte Karikó der «New York Times». Statt wie geplant zwei sei sie neun Jahre geblieben, sagte Karikó 2023 dem Lepolodina-Newsletter. Seit Oktober 2022 ist sie nur noch Beraterin von Biontech – sie wolle neben vielen Vorträgen und Ehrungen weiter Zeit haben, sich auf dem neuesten Stand der Forschung zu halten, sagte sie.
Der Nobelpreis-Reigen ist eröffnet
Mit der mRNA sei eine neue Substanzklasse für die Medizin verfügbar, sagte der Präsident des für Impfstoffe und Biomedizin zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, der dpa. Ein wesentlicher Pluspunkt ist demnach die schnelle Herstellung einer großen Zahl von Impfdosen. Zudem ließen sich Impfstoffe schnell an neue Varianten anpassen. Beides habe sich bei der Corona-Pandemie bewährt. Mögliche künftige Einsatzgebiete für mRNA seien präventive Impfstoffe etwa gegen Grippe sowie Therapien gegen Krebs und Rheuma.
Mit dem Medizin-Preis startete der Nobelpreis-Reigen. Am Dienstag und Mittwoch werden die Träger des Physik- und des Chemie-Preises benannt, danach die für Literatur und für Frieden. Die Reihe endet am kommenden Montag mit dem von der schwedischen Reichsbank gestifteten sogenannten Wirtschafts-Nobelpreis. Die Vergabe aller Auszeichnungen erfolgt 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel.
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