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Geheimtreffen

AfD-Politiker sollen mit Neonazis massenhafte Ausweisungen planen

Stand 11.01.24 - 13:06 Uhr

Ein Zahnarzt lädt zu einem exklusiven Treffen in Potsdam, das AfD-Politiker mit dem Kopf der Identitären Bewegung zusammenbringt. So hat es das Medienhaus Correctiv recherchiert. Der Inhalt des Gesprächs ist brisant.

AfD-Politiker sollen mit Neonazis massenhafte Ausweisungen planen
Martin Sellner ist der bekannteste Vertreter der rechtsextremen Identitären Bewegung (Archivbild). ©dpa

AfD-Politiker diskutieren Remigration

Berlin (dpa) – AfD-Politiker sollen nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November in Potsdam an einem Treffen teilgenommen haben – mit dem bekanntesten Vertreter der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner. Bei dem Treffen soll über einen «Masterplan» zur Migrationspolitik gesprochen worden sein.

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Von AfD-Seite sei unter anderen Roland Hartwig dabei gewesen, ehemaliger Bundestagsabgeordneter und heute Berater von Partei- und Fraktionschefin Alice Weidel, meldete Correctiv am Mittwoch.

Ein Sprecher Weidels bestätigte Hartwigs Teilnahme an dem Treffen, betonte jedoch gleichzeitig, von einem Auftritt Sellners dort überrascht worden zu sein. Er teilte auf Anfrage mit: Frau Weidel «hatte aber keinerlei Kenntnis von den Teilnehmern. Auch Hartwig wusste vorab nichts von Sellner».

Ein Sprecher der Partei teilte mit: «Die AfD wird ihre Haltung zur Einwanderungspolitik, die im Parteiprogramm nachzulesen ist, nicht wegen einer Einzelmeinung eines Vortragenden auf einem Treffen, das kein AfD-Termin war, abändern.» Hartwig habe dort lediglich auf Einladung ein Social-Media-Projekt vorgestellt, welches er im Aufbau mit begleite.

Correctiv erhielt nach eigenen Angaben auf Nachfrage von einem Düsseldorfer Zahnarzt die Bestätigung, dass er «alleiniger Veranstalter» des Treffens gewesen sei. Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Siegmund bestätigte Correctiv dem Bericht zufolge seine Teilnahme: Er sei als Privatperson und nicht in seiner Funktion als Abgeordneter für die AfD bei dem Treffen gewesen.

Die komplette investigative Recherche findest du hier.

AfD-Politiker fordern Remigration

In einem Einladungsbrief für die Zusammenkunft, der Correctiv vorliegt und in den auch die Deutsche Presse-Agentur Einblick hatte, heißt es, bei der Veranstaltung werde ein «Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans» vorgestellt. Für die Teilnahme werde eine «Mindestspende von 5000 Euro» erhoben. Correctiv berichtete unter Berufung auf Teilnehmer, Thema bei dem Treffen sei ein Vortrag Sellners zur «Remigration» gewesen.

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Unter dem Begriff verstehen Fachleute die Rückkehr von Menschen, die geflohen oder eingewandert sind, in ihre Herkunftsländer. AfD-Politiker vertreten diese Forderung auch öffentlich. So sagte etwa der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio im November im Bundestag: «Was wir jetzt brauchen, ist nicht nur der sofortige Stopp der illegalen Migration. Wir brauchen die wirkliche, tatsächliche Rückführung, die komplette Abschiebung. Wir brauchen endlich die wirkliche Remigration.»

Der Begriff wird oft nicht klar umrissen. Bisweilen wird er im Zusammenhang mit Menschen ohne Aufenthaltsrecht genannt. Bei dem Potsdamer Treffen soll die Dimension jedoch größer gewesen sein. Auch eine «Remigration» in großem Umfang wird in der AfD bereits seit längerem diskutiert: Auf dem AfD-Europaparteitag 2023 forderte die Delegierte Irmhild Boßdorf öffentlich eine «millionenfache Remigration».

Erste konkrete Folgen des Treffens

Die Restaurantkette Hans im Glück und ihr Mitgesellschafter Hans-Christian Limmer haben sich nach Unternehmensangaben mit sofortiger Wirkung getrennt. Hintergrund seien Vorwürfe, Limmer habe zu einer Veranstaltung zum Thema Remigration mit eingeladen, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens vom Mittwoch.

Limmer habe das Unternehmen vor der Medienberichterstattung darüber informiert, dass entsprechende Vorwürfe gegen ihn erhoben würden, hieß es weiter. Limmer habe betont, er habe sich gegenüber dem anfragenden Medium unmissverständlich von den genannten Remigrationsforderungen distanziert. An der Veranstaltung habe Limmer selbst nicht teilgenommen. Limmer sei «bestürzt über die dort erhobenen Forderungen».

Um Schaden von Hans im Glück abzuwenden, habe Limmer angeboten, seine Gesellschafterstellung sofort aufzugeben. «Dieses Angebot hat der Gesellschafterkreis angenommen.»

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Andere Parteien werben für demokratischen Zusammenhalt

Das Treffen radikal rechter Kreise mit Extremisten und AfD-Funktionären in Potsdam hat unter den anderen Parteien die Besorgnis wegen des wachsenden Einflusses der Alternative für Deutschland noch verstärkt. Führende Politiker sehen ein Alarmsignal und fordern mehr Engagement auch der Bürger selbst.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr sieht Parallelen zum Nationalsozialismus. «Die Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen erinnern an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte», schrieb er auf der Internet-Plattform X (früher Twitter). Die vom Medienhaus Correctiv angeführte Recherche «zeigt, dass die AfD die Demokratie und unsere freiheitliche Grundordnung zutiefst ablehnt».

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert und Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann riefen Bürgerinnen und Bürger zum Engagement gegen die AfD auf. «An alle gerichtet, die nicht wollen, dass sich Geschichte wiederholt, appelliere ich: Bekennen Sie Farbe, und überlassen Sie das Feld nicht den Menschenfeinden», sagte Kühnert den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) warb dafür, trotz aller Risiken ein Verbotsverfahren gegen die AfD zu prüfen. «Die AfD organisiert sich mit Demokratiefeinden und Umstürzlern. Das ist hochdramatisch», sagte er dem Berliner «Tagesspiegel» (Donnerstag). Wenn der Verfassungsschutz die AfD als eine in weiten Teilen rechtsextreme Partei definiere, «muss der Staat sie genauestens beobachten und ein mögliches Verbot prüfen». Zwar gab er zu bedenken: «Ein Parteiverbot hat hohe Hürden und jedes Verfahren dazu würde von der AfD propagandistisch ausgeschlachtet. Das Damoklesschwert eines Verbotes sollte aber über der AfD hängen bleiben.»

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