TSV 1860
Ende einer Chaos-Ära: Investor Ismaik verlässt 1860 München
Stand 08.07.25 - 15:23 Uhr
Eineinhalb Jahrzehnte lang hat Investor Ismaik bei 1860 München finanziell das Sagen - es ist eine Zeit voll Chaos und Streit. Nun verkauft der Jordanier seine «Löwen»-Anteile. Wird alles besser?
©WikiCommons/ObeschtTea
Hasan Ismaik hinterlässt einen schuldenfreien Verein
München (dpa) – Es ist nicht weniger als das Ende eines der turbulentesten Kapitel der jüngeren deutschen Fußball-Historie: Nach 14 Jahren zieht sich Hasan Ismaik als Investor des TSV 1860 München zurück. Was für den Jordanier 2011 mit Champions-League-Träumen begann, endet nach eineinhalb Jahrzehnten voll Chaos, Querelen und Zwists im Niemandsland der 3. Liga. Die «Löwen» teilten mit, dass Ismaik seine Anteile am Traditionsverein an eine Schweizer Familienholding verkauft. Wer genau künftig an der Grünwalder Straße das Sagen hat, blieb dabei zunächst noch geheim.
- Anzeige -Fans feiert Ismaik-Abschied mit spontanem Feuerwerk
Für die Sechziger soll nun alles besser werden – das hatte es freilich schon oft geheißen bei den etlichen Personalwechseln im Verein, im Management bei den Profis, auf dem Trainerposten und im Kader. Einige Fans aber feierten die überraschende Nachricht vom Weggang Ismaiks. Noch in der Nacht zündeten sie unweit des Grünwalder Stadions auf der Straße ein kleines Feuerwerk.
Kommende Woche soll der Verkauf offiziell vollzogen werden, hieß es. Das Präsidium des TSV 1860 zeigte sich überzeugt, dass das Engagement der neuen Geldgeber aus der Schweiz «nicht nur ein Bekenntnis zum Verein, sondern auch zur Stadt München und ihren Einwohnern ist. Gemeinsam werden wir jetzt unser großes Ziel 2. Liga angehen.» Darüber solle der Breitensport gefördert werden, eine neue Halle unweit des Vereinsgeländes ist geplant.
Ismaik: Schuldenfreie Übergabe «wunderbare Erfolgsgeschichte»
Neben der von vielen Anhängern und Vereinsfunktionären erwünschten Trennung von Ismaik hatte der TSV am Vorabend der jährlichen Mitgliederversammlung eine weitere gute Nachricht zu verkünden: Dem Verein werden alle Kreditschulden erlassen außer der Finanzierungszusagen, die für die Lizenz der laufenden Saison erforderlich seien.
«1860 München schuldenfrei zu hinterlassen, ist eine wunderbare Erfolgsgeschichte und ich freue mich sehr, das Staffelholz an jemanden zu übergeben, der dem Verein derart helfen kann», wurde Ismaik in der Mitteilung zitiert. Die Höhe des Kaufpreises wurde nicht verraten. Laut der «Bild»-Zeitung erhält der Investor für seine 60 Prozent an der TSV 1860 GmbH & Co. KGaA aber deutlich mehr als die 25 Millionen Euro, die zuletzt kolportiert wurden.
Im Grünwalder Stadion zurück in die 2. Liga?
Der neue Anteilseigner bekenne sich zum Grünwalder Stadion als Heimat des Clubs und wolle es nach den Vorgaben der Deutschen Fußball Liga sanieren. In das traditionsreiche Stadion im Stadtteil Giesing waren die «Löwen» zurückkehrt, als sie 2017 in die Regionalliga zwangsversetzt worden waren und als Mieter aus der Allianz Arena des großen Stadtrivalen FC Bayern auszogen. Das Grünwalder Stadion erfüllt aber nicht Voraussetzungen für einen Spielbetrieb in der 2. Liga oder gar der Bundesliga.
Seit Jahren wird darüber gestritten, ob und wie man dort durch Umbauten erreichen kann, dass die Sechziger auch nach einem Aufstieg nicht wieder umziehen müssten. In den 14 Ismaik-Jahren war freilich mehrfach über ein neues Stadion für die TSV-Profis gesprochen worden. Der umstrittene Geschäftsmann selbst hatte zwischendurch von einer neuen Arena geträumt inklusive Raubtiergehege.
Kolossale Fehleinschätzungen und Kämpfe allerorten
Es war dies nur eine der vielen wilden Ideen, die aus der Zeit des Investors in München ein großes Missverständnis machten. Ismaik kaufte sich 2011 bei den Sechzigern ein und verhinderte so eine Insolvenz. In der Hoffnung, dass die deutsche 50+1-Regel zur Machtbegrenzung von Investoren bald abgeschafft wird, phantasierte er von der Rückkehr des damaligen Zweitligisten in die Bundesliga, der Qualifikation für die Champions League und künftig Spielen gegen die Granden des Weltfußballs. Ismaik sollte sich kolossal verschätzen.
Er in Abu Dhabi oder seine Statthalter in München stritten permanent mit den Bossen des Stammvereins. Er legte sich auch mit den Fans an, die ihn hassten und als «Scheich» verunglimpften. Berichten zufolge steckte er mehr als 80 Millionen Euro in den Verein. Selbst prominente Neuverpflichtungen wie etwa Star-Manager Ian Ayre vom FC Liverpool oder Trainer Vitor Pereira führten nicht zum Erfolg – im Gegenteil: Just unter den beiden Top-Funktionären stieg 1860 im Frühjahr 2017 aus der 2. Liga ab. Weil Ismaik dann die Zahlung von elf Millionen Euro verweigerte, ging es für die «Löwen» nicht nur in die 3. Liga, sondern sogar in die Regionalliga. Was für eine Debakel für Ismaik und die stolzen Sechziger, für die es dann hieß: Memmingen statt Madrid, Pipinsried statt Paris, Bayreuth statt Barcelona.
Famoser Transfermarkt: Sportlich stehen Zeichen auf Aufstieg
Die Sechziger stiegen zwar sofort in die 3. Liga auf – dort aber dümpeln sie immer noch vor sich hin. Darauf, dass Ismaik aufgibt, warteten viele Kritiker aber lange vergeblich. Erst im April erklärte er dann überraschend, dass er sich von den Anteilen trennen wolle. «Ich denke, 1860 braucht jemand Neues – sie brauchen Hasan nicht», sagte er im BR Fernsehen.
Sorgt der Weggang Ismaiks nun für eine Befreiung an der Grünwalder Straße? Sportlich steht für die «Löwen», die am Sonntag ins Trainingslager nach Österreich aufbrachen, bislang alles auf Aufstieg: Die «Löwen» verblüfften bislang im Sommer mit namhaften Transfers à la Kevin Volland und Florian Niederlechner, von Hansa Rostock kam am Samstag auch noch Sigurd Haugen als weiterer Stürmer. Die Bedingungen für eine erfolgreiche Zukunft scheinen zu passen – wegen einiger Neuzugänge und einem großen Abschied.
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