Coronavirus in Europa
Astrazeneca lagert riesige Mengen Impfstoff in Italien
Stand 24.03.21 - 16:23 Uhr
0
Astrazeneca ist bei den Lieferungen an die EU stark im Rückstand. Statt bis zu 220 Millionen Dosen will das Unternehmen nur 100 Millionen liefern. Nun wurden 29 Millionen Dosen in Italien entdeckt.
Ampullen mit dem Covid-19 Impfstoff des schwedisch-britischen Pharmakonzerns AstraZeneca. Foto: Nicolas Armer/dpa
«Das ist völlig inakzeptabel»
Rom/Brüssel (dpa) – Der Hersteller Astrazeneca lagert in Italien 29 Millionen Dosen Corona-Impfstoff – und das, obwohl er mit seinen vertraglich zugesicherten Lieferungen an die Europäische Union massiv im Rückstand ist und Impfstoff in der EU überall fehlt.
- Anzeige -
Dieser Bericht der italienischen Zeitung «La Stampa» klingt erstmal unwahrscheinlich, wurde aber aus mehreren Quellen bestätigt. Nur das britisch-schwedische Unternehmen schwieg auf Anfrage vorerst.
Astrazeneca Hersteller äußert sich nicht
So gab es von Astrazeneca auch zunächst keine Erklärung, was hinter der großen Lagerung steckt und an wen der Impfstoff genau geliefert werden soll. Weniger zurückhaltend traten die Kritiker des Herstellers auf, der nun zum x-ten Mal aus unterschiedlichen Gründen in den Schlagzeilen ist. «Das ist völlig inakzeptabel», schrieb der CSU-Europapolitiker Manfred Weber auf Twitter. «Ich kann mir keinen Grund denken, warum man in dieser Pandemielage Impfstoffe auf Halde legen würde», sagte ein EU-Vertreter.
- Anzeige -Wie wurde das Lager entdeckt?
Das Blatt «La Stampa» aus Turin schildert die Abläufe so: EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton, inzwischen eine Art Impfstoff-Beauftragter von Kommissionschefin Ursula von der Leyen, habe Anfang März die Fabrik Halix im niederländischen Leiden besucht, die für Astrazeneca Corona-Impfstoff herstellt.
Dort sei der Kommissar misstrauisch geworden. Er habe die italienischen Behörden unterrichtet. Denn Astrazeneca lässt seinen Impfstoff unter anderem in Italien abfüllen und verpacken.
Die italienische Regierung bestätigte am Mittwoch, dass eine Anlage von Catalent in Anagni in der Region Latium auf Bitten der EU-Kommission inspiziert wurde. Laut «La Stampa» wurden dabei in den Kühlkammern die 29 Millionen Dosen entdeckt. In der Zeitung hieß es, die Impfstoffe seien für den Export nach Großbritannien gedacht. Ein EU-Beamter schloss auch andere Ziele nicht aus. Die Regierung von Ministerpräsident Mario Draghi erklärte in Rom, Ziel der inspizierten Impfstoffe sei Belgien gewesen – was weitere Fragen aufwarf.
- Anzeige -Astrazeneca erfüllt seine Verträge mit der EU nicht
Dazu muss man wissen, dass Astrazeneca derzeit praktisch keine Chance hat, die Impfstoffe aus der EU heraus zu bringen. Denn bereits seit 1. Februar gelten Exportkontrollen. Herstellern, die EU-Verträge nicht erfüllen, kann die Ausfuhr untersagt werden. Und Astrazeneca ist bisher die einzige Firma, bei der dieses Möglichkeit einmal angewendet wurde: Italien stoppte 250.000 Impfdosen für Australien.
Am Mittwoch verschärfte die EU-Kommission den Exportmechanismus mit dem Ziel, häufiger Nein sagen zu können, wenn Empfängerländer nicht auch Exporte in die EU zulassen.
Astrazeneca hatte der EU nach Brüsseler Angaben im ersten Quartal ursprünglich 120 Millionen Impfdosen zugesagt – und dies dann auf 30 Millionen gekürzt. «Aber sie sind Stand heute noch nicht einmal in der Nähe dieser Zahl», sagte EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis am Mittwoch. Im zweiten Quartal stellt Astrazeneca nun offiziell 70 Millionen Dosen in Aussicht – statt der vereinbarten 180 Millionen.
- Anzeige -Spannungen zwischen Brüssel und London
Der britisch-schwedische Hersteller hat auch und vor allem umfassende Lieferpflichten an Großbritannien, was seit Wochen für Spannungen zwischen Brüssel und London sorgt. Dabei geht es auch immer wieder um die Fabrik in Halix. Diese produziert nach Angaben der EU-Kommission seit geraumer Zeit. Sie hat aber bisher keine EU-Zulassung – nach Darstellung aus EU-Kreisen, weil das Unternehmen den Antrag nicht vorantrieb.
Die für die Zulassung der Anlage zuständige EU-Arzneimittelbehörde EMA wollte sich diese Woche auf dpa-Anfrage über Details des Verfahrens nicht äußern. In jedem Fall wird schon länger gerätselt, wie viel und für wen Halix produziert. Großbritannien hofft dem Vernehmen nach, den Großteil des dort hergestellten Impfstoffs zu bekommen.
- Anzeige -Wie geht es mit den gelagerten Impfdosen weiter?
Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, man habe sich erstmal gefreut, «dass da 29 Millionen Dosen offensichtlich sind». Schließlich hänge Astrazeneca mit den Lieferungen an die EU um ein Vielfaches zurück. «Vielleicht gibt es jetzt die Möglichkeit, die Lieferungen deutlich aufzustocken.»
EU-Vertreter in Brüssel wollten sich über Herkunft, Ziel und den weiteren Umgang des in Italien gelagerten Impfstoffs nicht äußern – dazu müsse man die Firma fragen, hieß es. Rom jedenfalls stellte am Mittwoch klar, dass die für den Gesundheitsschutz zuständigen Carabinieri von nun an alle ausgehenden Impfstoff-Partien bei dem Betrieb in Anagni kontrollieren würden.
Bleib immer bestens informiert!
Mit unserem kostenlosen 95.5 Charivari-Newsletter verpasst du keine Highlights mehr. Von Top-Konzerten über exklusive Gewinnspiele bis hin zu Einblicken in Larissa Lannert live - wir liefern dir wöchentlich alles Wichtige direkt in dein Postfach.
Mehr Beiträge und Themen
Bald ist es wieder so weit, der Nikolaus kommt in die Stadt! Hier erfährst du, wo du ihm in München begegnen kannst.
Schneller als die Feuerwehr: In München sollen automatisierte Drohnen bei Bränden und Unfällen künftig als Erste am Einsatzort sein. Das sollen die Fluggeräte bringen.
Die Münchner Glühweinpreise sind bekannterweise nicht die günstigsten und werden trotzdem noch immer teurer. Wo gibt es dieses Jahr den günstigsten Glühwein?
Es ist Weihnachten in München, das heißt die MVG-Christkindltram ist wieder unterwegs. Wie, wann und wo sie fährt, sowie alles, was ihr wissen müsst findet ihr hier.
Münchens Juristen erklären das Bürgerbegehren „Hochhaus-Stop“ für unzulässig. Der Stadtrat entscheidet bald über das weitere Vorgehen.
Um in Österreich auf Autobahnen und Schnellstraßen fahren zu dürfen, muss eine Mautgebühr bezahlt werden. Diese wird teurer. Die Schweiz und Slowenien werden hingegen nicht teurer.
Darf man im Englischen Garten kiffen? Der Bayerische Verlwatungsgerichtshof (VGH) sagt: ja - und kippt damit das Cannabiskonsumverbot.
Weihnachten steht vor der Tür und damit auch der alljährliche Christbaumkauf. Um keine Enttäuschungen beim Tannen-Kauf zu erleben, kannst du den Baum dieses Jahr einfach selbst schlagen. Wir sagen dir, wo!
Gerade zur Weihnachtszeit möchten viele Menschen ihrem Postboten, der Müllabfuhr oder dem Zeitungszusteller für ihre Arbeiten danken. Allerdings stellt sich hier die Frage: Ist ein Weihnachtstrinkgeld oder ein kleines Geschenk überhaupt erlaubt?
Hörer Harald ist schwer krank – und hat einen letzten Wunsch: Mut schenken mit Musik. Jetzt läuft sein Song „Weihnacht in München“ bei 95.5 Charivari.
DESK
Gerade vor Weihnachten ist Zeit zum Shoppen oft knapp – gut, dass München mit verlängerten Öffnungszeiten entgegenkommt. Wir zeigen dir, wann du abends oder sogar sonntags einkaufen kannst – in der Stadt und im Umland.
Die Krampusse sind wieder los in München und auf der Suche nach unartigen Kindern und Erwachsenen... Wann und wo du dich in Acht nehmen solltest, erfährst du hier.
Weihnachten rückt immer näher. Damit Geschenke für deine Liebsten rechtzeitig ankommen, solltest du ein paar Deadlines beachten.
Der Bundestag hat für das heiß diskutierte Rentenpaket gestimmt. Was steht für die Rentnerinnen und Rentner auf dem Spiel - und was für die Beitrags- und Steuerzahler?
Die Tickets des MVV werden teurer - hier findest du die neuen Preise im Überblick:
Gute Nachrichten für München: Ab Februar 2026 sinken die Strompreise der SWM. Erfahre mehr über die Anpassungen und spare mit den neuen Tarifen.
Pflicht-Musterung und Wehrdienst: Pistorius setzt auf junge Menschen, die mehr Verantwortung zeigen wollen, als viele vermuten. Der Bundestag stimmt dafür.