Frankreich
Welle der Solidarität nach Enthauptung eines Lehrers
Stand 19.10.20 - 12:14 Uhr
0
Die Schule soll die Kinder in Frankreich an die Werte der Republik heranführen. Ein Angreifer hatte es nun ausgerechnet auf einen Lehrer abgesehen, der den Schülern Meinungsfreiheit nahebringen wollte. Sein grausamer Tod wühlt das Land auf. Tausende gehen auf die Straße.
Foto: Michel Euler/AP/dpa
«Wir haben keine Angst»
Paris (dpa) – Minutenlanger Applaus im Gedenken an den brutal ermordeten Lehrer: Zehntausende haben in Frankreich mit einer riesigen Welle der Solidarität an den aus mutmaßlich terroristischen Motiven getöteten Lehrer erinnert und für Meinungsfreiheit demonstriert.
- Anzeige -Frankreich im Kampf für die Meinungsfreiheit
Die brutale Ermordung des 47-Jährigen Geschichtslehrers hatte in ganz Frankreich riesiges Entsetzen ausgelöst. Auch in Städten wie Marseille oder Bordeaux gingen zahlreiche Menschen auf die Straße. Staatsanwalt Jean-François Ricard schilderte am Wochenende, dass der Lehrer Anfang Oktober seinen Schülern das Thema Meinungsfreiheit näher bringen wollte. Anlass war die Diskussion um die erneute Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen im Satireblatt «Charlie Hebdo».
Der laut Staatsanwaltschaft 2002 in Moskau geborene Täter mit russisch-tschetschenischen Wurzeln wurde kurz nach der Tat von der Polizei erschossen. Er veröffentlichte zuvor noch ein Foto des Opfers und schrieb, dass dieser den Propheten herabgesetzt habe.
- Anzeige -Ganz Frankreich erinnert an das Opfer trotz Corona-Krise
Auf der Pariser Place de la République herrschte am Sonntagnachmittag dichtes Gedränge. Um Punkt 15 Uhr klatschten die Menschen minutenlang, um an den ermordeten Samuel Paty zu erinnern. Die brutale Attacke trifft Frankreich mitten in der zweiten Corona-Welle, von der das Land schwer getroffen ist. In Paris gilt die höchste Corona-Warnstufe, hier sind Versammlungen von mehr als 1000 Menschen eigentlich verboten – die Demo soll aber Medien zufolge dennoch von den Behörden genehmigt worden sein.
«Ich bin hier, um die Meinungsfreiheit zu verteidigen, die Freiheit der Lehre», sagt die 61-jährige Muriel. Sie sei Lehrerin, aber auch gleichzeitig Bürgerin. In ihrer Hand hält sie ein Schild, auf dem «Je suis enseignant.e» steht – zu deutsch: «Ich bin Lehrer/in». Damit erinnerte sie wie viele andere an das Schlagwort «Je suis Charlie». Es prägte die Zeit nach dem verheerenden Mordanschlag auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» 2015. Das Satireblatt hatte sich dem Demonstrationsaufruf in Paris angeschlossen.
- Anzeige -La Place de le République: Die Gedenkstätte für Terroropfer
Ein junger Mann namens Valentin hält ein Schild mit den Mohammed-Karikaturen des Satireblatts in die Höhe. «Wenn ein Lehrer angegriffen wird, wird die Republik angegriffen», sagt er. Die Place de la République im Pariser Osten ist ein symbolischer Ort – bereits nach der Terrorserie im Januar 2015, zu der auch der Anschlag auf «Charlie Hebdo» zählte, gedachten dort Menschen aus ganz Frankreich der Opfer. Seitdem ist der Platz nach Terroranschlägen zu einem zentralen Ort der Anteilnahme geworden.
Macron ist von der brutalen Tat erschüttert
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte bereits kurz nach der Tat sichtlich erschüttert von einem islamistischen Terrorakt gesprochen. Am Sonntag sollte unter seinem Vorsitz ein Verteidigungsrat tagen. Am Mittwoch will Frankreich mit einer nationalen Gedenkfeier an den brutal getöteten Lehrer erinnern. Auch die islamische Gemeinde reagierte auf die brutale Tat. Nichts rechtfertige die Ermordung eines Menschen, hieß es vom islamischen Dachverband Französischer Rat des muslimischen Kultes.
- Anzeige -Wochenlange Drohungen an den Lehrer: warum hat niemand etwas gemacht?
Der Lehrer war am Freitagnachmittag im Pariser Vorort Conflans-Sainte-Honorine von seinem Angreifer in der Nähe seiner Schule enthauptet worden. Mehrere Menschen aus dem Umfeld des Täters befanden sich am Sonntag noch in Polizeigewahrsam.
Auch der Vater einer Schülerin, der im Netz gegen den Lehrer mobilisiert hatte, war in Polizeigewahrsam genommen worden. Er hatte ein Video verbreitet und öffentlich gegen den Lehrer wegen der Karikaturen gewettert, wie Staatsanwalt Ricard sagte. Die Staatsanwaltschaft stellte bisher keine Verbindung zwischen diesem Vater und dem Angreifer her. In Frankreich gibt es allerdings Kritik daran, dass nicht früher etwas unternommen wurde – schließlich gab es bereits seit Anfang des Monats Drohungen gegen den Lehrer und die Schule.
- Anzeige -Charlie Hebdo der Mittelpunkt von terroristischen-AnschlägenÂ
Erst vor wenigen Wochen hatte ein Mann vor dem ehemaligen Redaktionsgebäude von «Charlie Hebdo» zwei Menschen brutal mit dem Messer attackiert. Er gab als Motiv ebenfalls Mohammed-Karikaturen an, die das Magazin veröffentlich hatte. Der Angreifer hatte es eigentlich auf die Redaktion abgesehen, wusste aber nicht, dass diese mittlerweile an einen geheimen Ort umgezogen ist.
Frankreich wird seit Jahren von einer islamistischen Terrorwelle heimgesucht, bei der bisher mehr als 250 Menschen starben.
Bleib immer bestens informiert!
Mit unserem kostenlosen 95.5 Charivari-Newsletter verpasst du keine Highlights mehr. Von Top-Konzerten über exklusive Gewinnspiele bis hin zu Einblicken in die Good Morning Show mit Larissa und Markus - wir liefern dir wöchentlich alles Wichtige direkt in dein Postfach.
Mehr Beiträge und Themen
Pakete wegbringen wird ab jetzt einfacher als je zuvor. Der OneStopBox Automat ist die Tochter des DHL Automaten und ist für alle Paketdienstleister verfügbar.
Seit Jahren wird in München um bessere Luft gerungen - derzeit mal wieder vor Gericht. Jetzt ist eine Entscheidung gefallen: Das Dieselfahrverbot muss ausgeweitet werden.
In München ist der Notruf 110 aktuell nicht erreichbar - im Notfall die 112 wählen.
Im Dezember kündigte Ministerpräsident Söder erstmals Schritte gegen Gendersprache in Bayern an. Nun haben die Ministerinnen und Minister die notwendige Änderung einer Verordnung beschlossen.
Jeder kennt es: Plötzlich ist ein neues Restaurant in der Innenstadt mega beliebt und man steht eine Stunde Schlange. Doch wie entstehen solche Hypes?
In Feldmoching ist ein Fußgänger bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Die Polizei München sucht jetzt nach Zeugen.
Der Online-Organspendeausweis ist endlich da. Mit diesem Ausweis gibt es Hoffnung darauf, mit mehr Organspendern mehr Leben retten zu können.
Die große Liebe im besten Alter: Künftig wird ein Ü60 Bachelor bei RTL Rosen verteilen. Hier erfährst du alles dazu!
In Unterhaching wurde ein toter Mann in seiner Wohnung aufgefunden - er war der Ehemann der seit längerem verschwundenen Vanessa Huber.
Schon bald sollen noch mehr Familien vom München-Pass profitieren. Die Stadt will das teure Leben in München erleichtern.
DESK
Im April erwarten dich einige Neuerungen, vom Feiern beim Frühlingsfest bis zur Cannabislegalisierung und Mehrwertsteuer.
Fußballfans haben eine Onlinepetition gestartet, damit Major Tom von Peter Schilling die neue Torhymne der Deutschen für die EM wird.
Ostern steht vor der Tür und der Frühling kommt. Deswegen haben wir dir einige Aktivitäten passend für die Osterferien aufgezählt.
Polarlichter über Deutschland gab es in den vergangenen Wochen immer wieder mal zu sehen. Jetzt könnte sich wieder ein nächtlicher Blick in den Himmel lohnen.
Über Jahrzehnte unterhielt Fritz Wepper das deutsche Fernsehpublikum - etwa als Harry Klein in der Kultserie «Derrick». Nun ist der Schauspieler mit 82 Jahren gestorben. Ein Porträt.
Seit Wochen liegt der 7-jährige Finn im Wachkoma. Seine Mama weicht ihm nicht mehr von der Seite. Die Familie braucht jetzt jede Hilfe, die sie kriegen kann.
Nach der Abstimmung im Bundesrat ist die Legalisierung von Cannabis beschlossen. Damit wird der Konsum und Besitz von Cannabis bald legal.