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Coronavirus in Deutschland

Kein einheitlicher Kurs: Bundesländer im Lockerungs-Wettstreit

Stand 06.05.20 - 17:08 Uhr

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Urlaub am Meer scheint plötzlich wieder in Reichweite. Die Bundesländer überbieten sich gerade mit Lockerungen der Corona-Restriktionen. Worüber wollen Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten am Mittwoch noch sprechen?

Kein einheitlicher Kurs: Bundesländer im Lockerungs-Wettstreit

Menschen gehen durch die Einkaufstraße im Zentrum von Stralsund. Foto: Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa

Eigene Pläne der 16 Bundesländer 

Berlin (dpa) – Noch vor der nächsten Telefonkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten preschen immer mehr Bundesländern mit eigenen Plänen für weitere Lockerungen von Corona-Beschränkungen vor.

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Nachdem Niedersachsen am Montag einen Stufenplan vorlegte, zog Mecklenburg-Vorpommern am Abend mit eigenen Vorstellungen nach. Das nordöstliche Bundesland öffnet wieder seine Gaststätten und beendet noch vor Pfingsten das mehrwöchige Einreiseverbot für auswärtige Touristen. Ein halbes Dutzend Landeskabinette will sich an diesem Dienstag mit Lockerungsschritten befassen. Zudem beraten die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern (18.30 Uhr) über Perspektiven für die Gastronomie und den Tourismus.

Bund und Länder haben "gemeinsame Strategie"

Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, am Ziel einer gemeinsamen Strategie von Bund und Ländern ändere sich damit nichts. Es gehe darum, die Erfolge im Kampf gegen die Pandemie nicht zu gefährden und keinen Rückfall zu riskieren. Gleichzeitig aber könne es «natürlich regionale, lokale Nuancen geben». Merkel und die Ministerpräsidenten wollen am Mittwoch über das weitere Vorgehen beraten. Laut Seibert geht es um Beschlüsse für Schule, Kitas und Sport. Die in der vergangenen Woche beschlossenen Lockerungen etwa für Spielplätze, Museen, Zoos und Gottesdienste sind vielerorts bereits umgesetzt.

Pfingsturlaub am Meer – Mecklenburg-Vorpommern will Reisen erlauben

Nach der Verständigung zwischen der Schweriner Landesregierung und dem Gastgewerbe sollen Gaststätten im Land von Samstag (9. Mai) an von 6 bis 21 Uhr unter strikten Hygieneauflagen und mit maximal sechs Erwachsenen je Tisch für Einheimische öffnen dürfen. Am 18. Mai sollen auch Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen für Einheimische öffnen. Zum 25. Mai soll dann das seit Mitte März geltende Einreiseverbot für Touristen aus anderen Bundesländern aufgehoben werden. Den Hotels soll eine Vermietung von maximal 60 Prozent ihrer Bettenkapazitäten erlaubt werden. Damit wäre nach dem verpassten Ostergeschäft Pfingsturlaub von Ende Mai an der Ostsee oder in der Mecklenburgischen Seenplatte wieder für alle Bundesbürger möglich.

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Die entsprechenden Verordnungen sollen bei einer Kabinettsklausur am Donnerstag beraten und beschlossen werden. Bereits an diesem Dienstag will das Landeskabinett wohl den Startschuss zur Wiedereröffnung von Museen und Gedenkstätten geben. Auch soll darüber beraten werden, wann und unter welchen Bedingungen etwa auch Kosmetiksalons oder Nagelstudios wieder öffnen dürfen.

Perspektiven für Gaststätten in Sachen-Anhalt 

Die Landesregierung in Magdeburg will am Dienstag entscheiden, ob Restaurants, Bars und Cafés in Sachsen-Anhalt noch im Mai unter Auflagen wieder Gäste bewirten dürfen. In Aussicht steht der 22. Mai. In der Sitzung des Kabinetts soll es auch um Perspektiven für den Tourismus gehen. Bundesweit vorgeprescht war Sachsen-Anhalt zudem bei der Lockerung von Kontaktbeschränkungen. Seit Montag gilt eine Verordnung, wonach sich wieder fünf statt zwei Menschen treffen dürfen.

Hamburg und Bayern bleiben vorsichtig 

Der Hamburger Senat will am Dienstag in seiner Sitzung zunächst Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz aus der vergangenen Woche umsetzen. Dabei geht es um die Öffnung von Spielplätzen, Museen, Kirchen und Moscheen. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat bisher einen zurückhaltenden Kurs verfolgt. In einem «ARD extra» am Montagabend sagte der SPD-Politiker ferner mit Blick auf die Gastronomie: «Ich denke, wir können uns dort auch weitere Schritte erlauben.» Er warb zugleich für ein weiteres gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern.

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Auch in der Sitzung des bayerischen Kabinetts geht es um die Umsetzung der Beschlüsse der vergangenen Woche. Zugleich will sich die Landesregierun in der bundesweiten Debatte um weitere Exit-Pläne für Schulen, Kindertagesstätten, Handel und Gastronomie positionieren. In Baden-Württemberg will das Landeskabinett über die Gewährleistung der Energieversorger in Corona-Zeiten sprechen.

Bayern Ministerpräsident Söder kritisiert andere Bundesländer

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kritisierte das Vorpreschen einzelner Bundesländer bei den anderen Themen. Er sei ein «bisschen unglücklich» darüber, dass manche jetzt schon über das hinausgingen, was Bund und Länder vergangene Woche vereinbart hätten, sagte er. Der CSU-Vorsitzende sprach sich für einen gemeinsamen Rahmen und gemeinsame Maßstäbe aus, hält gleichzeitige Entscheidungen aber nicht mehr für zentral. «Wir können keinen verpflichten, etwas genau so zu tun wie der andere», sagte Söder. Bayern werde weiter einen vorsichtigeren Weg gehen. Der Freistaat ist deutschlandweit von der Corona-Pandemie am stärksten betroffen.

Berlin will Kultureinrichtungen helfen

Der Berliner Senat will voraussichtlich ein Hilfsprogramm für Kultureinrichtungen in der Corona-Krise beschließen. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hatte bereits vor vier Wochen angekündigt, dass im Zuge des Programms 30 Millionen Euro zumeist in Form von Zuschüssen fließen sollen. Inzwischen sind die Details ausgearbeitet. Thema im Senat könnte auch eine Maskenpflicht für das Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen sein.

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Niedersachsen setzt andere Länder unter Zugzwang

Mehrfach hatte Ministerpräsident Stephen Weil (SPD) andere Bundesländer für ihr Vorpreschen kritisiert, am Montag ging seine Regierung in die Offensive und stellte einen Fünf-Stufen-Plan zur schrittweisen Öffnung vor. Demnach sollen vom 25. Mai an Hotels mit Einschränkungen wieder öffnen dürfen, Gastronomiebetriebe mit Einschränkungen bereits am 11. Mai. Beschlossen werden sollen die Maßnahmen aber erst nach der Bund-Länder-Schalte. Weil warb in den ARD-«Tagesthemen» am Montagabend für eine bundesweite Lockerungsstrategie, die alle Bereiche umfasst. Derzeit sei jeder getrieben vom Druck durch das vereinzelte Vorpreschen bei Einzelthemen, beklagte Weil.

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Nordrhein-Westfalen erhöht Druck auf die Bundesregierung

Davor erhöhte vor allem Nordrhein-Westfalen den Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU): Beim Thema Kita-Öffnung müsse ein einheitlicher Kurs beschlossen werden, sonst werde man eigene Entscheidungen treffen. «Die Länder brauchen ihre Freiheit, die Pandemie verläuft in den Ländern unterschiedlich», betonte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) im «Morning Briefing»-Podcast von Gabor Steingart. «Wir lassen uns nicht noch eine Woche vertrösten.» Zwar sollten sich Erzieher und Tagespflegepersonal sicher fühlen können, aber zugleich müssten die Kinder möglichst zügig zurück in die Betreuung. Man sei so weit, einen improvisierten Regelbetrieb ins Auge fassen zu können.

Wirtschaft fordert steuerliche Erleichterungen 

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft fordern von der Bundesregierung steuerliche Erleichterungen. Sie sprechen sich in einem Schreiben an Bundesminister für ein Drei-Punkte-Programm aus. Dazu gehört eine Reform der Unternehmensbesteuerung. Das der Deutschen Presse-Agentur vorliegende Schreiben ging an Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU). Verlangt werden zudem Investitionen und eine Stärkung der Binnennachfrage, etwa durch eine Kompensation von Effekten der kalten Progression und eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags.

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FDP verlangt Regierungserklärung Merkels am Donnerstag

Das Vorgehen in der Corona-Krise beschäftigt auch die Bundestagsfraktionen, die am Dienstag in Berlin zusammengekommen. Das Parlament tagt dann am Mittwoch und Donnerstag. Die FDP verlangte von Kanzlerin Merkel, dass sie sich am Donnerstag in einer Regierungserklärung zur Corona-Pandemie äußert. Darin müsse sie ihren Fahrplan aus der Krise darlegen und den Bundestag über die Ergebnisse der Telefonkonferenz mit den Ministerpräsidenten an diesem Mittwoch unterrichten, heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers Marco Buschmann an Kanzleramtsminister Helge Braun. «Das Parlament muss aus erster Hand erfahren, wie es mit unserem Land weitergehen soll.»

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Bedford-Strohm: Senioren in Altenheimen sollten mehr Selbstbestimmung erhalten

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, forderte auch mehr Entscheidungsgewalt für Bewohner von Altenheimen. Sie sollten selbst bestimmen dürfen, ob sie in Corona-Zeiten Besuch empfangen und wie viele Risiken sie eingehen wollten, sagte er in einer Videobotschaft. Es sei wichtig, mit «Schutzkleidung Angehörigen Zugang zu ihren Lieben zu beschaffen». Die hohe Zahl von Todesfällen in einzelnen Heimen zeige, dass die Ansteckungsgefahr real sei. Aber: «Es geht eben auch nicht, dass Angehörige in den letzten Lebenstagen, Lebenswochen, ihre Eltern nicht begleiten können.»

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