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Konsequenzen für Beamte

Drogenskandal bei Münchner Polizei weitet sich immer weiter aus

Stand 08.12.20 - 12:21 Uhr

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Polizisten, die Drogen nehmen und mit Dealern zusammenarbeiten? Die Staatsanwaltschaft ermittelt in einem Drogen-Skandal um das Münchner Polizeipräsidium. Jetzt stellt sich heraus: Es ist womöglich alles noch viel schlimmer als gedacht.

Drogenskandal bei Münchner Polizei weitet sich immer weiter aus

Weitere Suspendierung bei der Münchner Polizei 

München (dpa/lby) – Der Drogenskandal bei der Münchner Polizei zieht immer größere Kreise: Mittlerweile stehen 30 Beamte unter Verdacht. Sie sollen vor allem Drogen konsumiert und an Kollegen weitergegeben haben.

Bislang war von 21 beschuldigten Polizisten die Rede gewesen. Viele von ihnen arbeiteten in der Polizeiinspektion 11 in der Münchner Altstadt.

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Zahl der verdächtigen Polizeibeamten verdreifacht sich

Damit weitet sich der seit Anfang dieses Jahres bekannte Drogen-Skandal um das Münchner Präsidium weiter aus – und zwar deutlich. Zunächst hatte der Verdacht von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sich gegen 8 Polizisten gerichtet, nun sind es mehr als dreimal so viele. 

Polizei München suspendiert zahlreiche Beamte

Derzeit werden, im Zusammenhang mit den Ermittlungen der “Soko Nightlife“ beim
Bayerischen Landeskriminalamt, 26 Polizeivollzugsbeamte des Polizeipräsidiums
München als Beschuldigte geführt.

Davon wurde bislang gegen 19 Beamte ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Im Gesamtverfahren sind derzeit hiervon immer noch 15 Beamte suspendiert.

Unter den Suspendierten befinden sich Beamte gegen die wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt, der Verfolgung Unschuldiger, der Körperverletzung im Amt und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt wird.

Die Strafverfahren gegen die übrigen sieben Beschuldigten werden dienstaufsichtsrechtlich eng begleitet. Das Polizeipräsidium München behält sich in diesen Fällen noch die Einleitung von Disziplinarverfahren vor.

Im Herbst Durchsuchung mehrerer Dienststellen in und um München

Bereits im September 2020 haben bei einer großangelegten Drogen-Razzia rund 170 Ermittler 30 Wohnungen und 7 Dienststellen in und um München, in Augsburg, Dachau, Wolfratshausen, Ebersberg und an der Hochschule der Polizei in Fürstenfeldbruck durchsucht, wie die Staatsanwaltschaft München I mitteilte.

Doch das ist noch nicht alles: In einem Fall soll ein Polizist beschlagnahmtes Kokain abgezweigt haben – ohne dass Kollegen ihn daran hinderten oder den Vorfall meldeten.

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Kriminalität beschränkt sich nicht nur auf Verstöße des Betäubungsmittelgesetz 

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft, die die Ermittlungen gemeinsam mit dem Bayerischen Landeskriminalamt (LKA) führt, lauten die zentralen Vorwürfe: Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Anti-Dopinggesetz. Ein weiterer Vorwurf wiegt besonders schwer: Verfolgung Unschuldiger. Es sollen Anhaltspunkte vorliegen, dass es in einem Fall einen von den Polizisten behaupteten Widerstand gegen Polizeibeamte – der sogar vor Gericht landete – gar nicht gegeben hat.

"Wenn sich diese Vorwürfe bestätigen, dann ist das ein ziemlich starkes Stück", sagte der Sprecher des Polizeipräsidiums, Andreas Franken. "Ein paar Wenige schaffen es, das gute Verhältnis, das die Münchner Polizei zur Bürgerschaft hat, zu beschädigen." Innenminister Herrmann wurde deutlicher: "Kriminelle haben bei der Bayerischen Polizei nichts verloren", sagte er. "So etwas ist absolut inakzeptabel und eines Polizisten nicht würdig."

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Polizisten-Rabatt: Beamte beteiligen sich beim Konsum und Handel

Nach Angaben von Staatsanwaltschafts-Sprecherin Anne Leiding handelt es sich um die wohl umfangreichsten Ermittlungen, die die Staatsanwaltschaft jemals gegen Polizeibeamte geführt hat. Sie waren 2018 ins Rollen gekommen, nachdem ein mutmaßlicher Drogenhändler, der vor allem Kunden eines Münchner Nachtclubs mit Rauschmitteln versorgt haben soll, quasi als Kronzeuge Vorwürfe gegen Polizisten erhoben hatte.

Seither stehen Vorwürfe im Raum, "dass Polizisten in München Kokain konsumieren, verkaufen, ankaufen", wie es in dem Prozess am Amtsgericht Anfang des Jahres von Seiten eines LKA-Ermittlers hieß. Es soll sogar einen speziellen Polizisten-Rabatt auf Kokain gegeben haben. Quelle auch für diesen Vorwürfe ist wieder der Kronzeuge, ein geständiger Dealer, der ein gut betuchtes Klientel vor allem in einem exklusiven Privatclub mit Drogen versorgt haben soll. Er habe damit geprahlt, "Polizisten zu kennen, die ihn schützen".

Belastende Beweise wurden gefunden

Über Monate hinweg wurden dann nach Angaben der Staatsanwaltschaft zahlreiche Durchsuchungen durchgeführt und toxikologische Gutachten eingeholt. Inzwischen laufen die Ermittlungen bei einer im Juli 2020 eingerichteten Ermittlungsgruppe "Nightlife" im LKA zusammen. Bislang sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft 20 Handys, rund 1,6 Millionen Chatnachrichten und mehr als eine Million Bild und Videodateien sichergestellt worden, die derzeit gesichtet werden.

Bei den Durchsuchungen im September kam umfangreiches neues Material dazu. Die bayerischen Ermittler wurden dabei von Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen unterstützt. "Die eingesetzten Beamten haben mehrheitlich erst kurz vor Beginn des Einsatzes von dessen Ziel und den betroffenen Objekten erfahren", teilte die Staatsanwaltschaft mit.

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Zunehmend schlechteres Image der Polizei

Die Polizei steht derzeit deutschlandweit wegen verschiedener Vorfälle in der Kritik. Bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen gibt es einen Skandal um Chatgruppen mit rechtsextremen Inhalten. Und auch bei rechtsextremen "NSU 2.0"-Drohschreiben geriet die Polizei ins Visier, weil den Schreiben in mehreren Fällen mutmaßlich illegale Abfragen persönlicher Daten an Polizeicomputern vorausgingen.

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft in Bayern, Jürgen Köhnlein, fürchtet nun auch wegen des Münchner Skandals um den Ruf der Polizei. "Das tut uns weh. Leider vergeht keine Woche ohne Negativ-Schlagzeilen."

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