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Coronavirus in Deutschland

Trotz Lockdowns hohe Corona-Zahlen – Wo stecken sich Menschen an?

Stand 12.01.21 - 12:04 Uhr

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Lockdown-Maßnahmen seit mehr als zwei Monaten - und sie werden immer schärfer. Doch noch immer liegen die Corona-Fallzahlen auf hohem Niveau. Was sind die Gründe dafür?

Trotz Lockdowns hohe Corona-Zahlen – Wo stecken sich Menschen an?

«Maskenpflicht in der Fußgängerzone»: Der Lockdown schränkt das öffentliche Leben in Deutschland empfindlich ein. Foto: Silas Stein/dpa

Wo passieren die Corona-Ansteckungen?

Berlin/Bremen (dpa) – Trotz Lockdown-Maßnahmen seit November bleiben die Corona-Fallzahlen hoch. Erschreckend hoch. Gehen die Einschränkungen nicht weit genug oder halten sich zu viele Menschen nicht an die Regeln?

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Wo genau stecken sich die Betroffenen an? Die Suche nach Antworten gleicht Stochern im Nebel. Ein mögliches Problem ist aus Expertensicht, dass zu wenig im Homeoffice gearbeitet wird.

Für fundierte Aussagen fehlen aber im Moment schlicht Daten. In vielen Fällen wisse man nicht, wo Infizierte sich angesteckt haben, sagte Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen der Deutschen Presse-Agentur. «Einerseits haben wir zwar weniger Kontakte, andererseits wissen wir scheinbar aber trotzdem wenig darüber, wo es gewesen sein könnte.»

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Wenige große aber viele kleine Corona-Ausbrüche

Es gebe wenig große Ausbrüche. «Von Infektionsherden kann man nicht wirklich sprechen, eher von einzelnen Kerzen.» In den Lageberichten des Robert Koch-Instituts (RKI) ist von einer oft diffusen Ausbreitung von Sars-CoV-2-Infektionen in der Bevölkerung die Rede, «ohne dass Infektionsketten eindeutig nachvollziehbar sind». Häufungen stünden im Zusammenhang mit Alten- und Pflegeheimen, privaten Haushalten und dem beruflichen Umfeld. Zu der hohen Inzidenz trügen aber auch viele kleinere Ausbrüche etwa in Kliniken bei.

Ist eine Mutation schuld an hohen Inzidenzien?

Zeeb ist zudem unklar, wie stark die wohl ansteckendere Coronavirus-Variante B.1.1.7 in Deutschland schon verbreitet ist. Der Anteil untersuchter Proben sei viel zu gering, um Rückschlüsse darauf zu ziehen. Dass das Sinken der Neuinfektionszahlen nur sehr langsam vorankomme, könne aber ein Indiz dafür sein, dass sich das Virus an manchen Stellen verändert habe.

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Lockerungen an Weihnachten Ursache für hohe Corona-Zahlen?

Kaum zu beantworten ist auch die Frage, ob Lockerungen bei den Kontaktbeschränkungen über Weihnachten die Zahlen auf hohem Niveau gehalten haben. Um die Feiertage herum sei weniger getestet worden, erklärte Zeeb. Daher seien die aktuellen Zahlen auch mit Vorsicht zu beurteilen.

«Ich glaube, wir werden es nie ganz genau wissen.» Positiv sei aber, dass es zumindest keinen rasanten Anstieg nach den Familienfesten gegeben habe.

Mehr Homeoffice könnte helfen die Corona-Zahlen zu senken

Anders als im Lockdown im Frühjahr hätten viele große Betriebe noch offen, nennt der Epidemiologe einen weiteren Faktor. «Das führt dazu, dass viele Menschen unterwegs sein müssen.» Zugleich warnte er davor, es sich zu einfach zu machen bei Ursachensuche und Argumentation – nach dem Motto: In den Firmen und Büros sind noch Leute zusammen, also wird es das schon sein.

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Ähnlich sieht es die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie, Eva Grill: Aufgrund der mangelhaften Datenlage ließen sich Effekte von Homeoffice oder fehlendem Homeoffice derzeit nicht robust beurteilen. Homeoffice sei aber «essenzieller Bestandteil der kontaktvermindernden Maßnahmen», erklärte sie am Dienstag.

«Das ist wirklich wichtig, dass Kontakte auf allen Ebenen vermieden werden, und auch Arbeitgeber sollten das aktiv fördern, dass Menschen nicht an die Arbeitsstelle pendeln müssen.» Im Moment müssten die Infektionszahlen so schnell wie möglich gesenkt werden, «und das gelingt nur im Zusammenspiel von allen verfügbaren Maßnahmen».

Aktuell weniger Menschen im Homeoffice als noch im Frühjahr

Auch die Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung «Anne Will» gesagt, der Arbeitsplatz sei ein Bereich, wo noch mehr Kontakte eingeschränkt werden könnten. Derzeit gebe es noch viel weniger Menschen im Homeoffice als im Frühjahr.

Wichtig sei, zu verhindern, dass sich Menschen bei der Arbeit träfen und vielleicht noch zusammen essen gingen oder im Pausenraum die Masken abnähmen. «Das sind Maßnahmen, die sind jetzt ganz, ganz wichtig», so Brinkmann. «Wir müssen wirklich noch mal richtig dolle draufhauen», appellierte die Virologin. «Und je doller und schneller wir Virusübertragungen jetzt unterbrechen können, desto besser.»

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Schlechte technische Ausstattung verhindert Homeoffice

Dabei tun sich gerade Behörden schwer mit Homeoffice. Wie der Deutsche Beamtenbund dbb in einer Befragung herausfand, konnten auf Bundesebene 67 Prozent der Beschäftigten dauerhaft ins Homeoffice wechseln, auf Landesebene nur 55 und auf kommunaler Ebene gerade einmal 37 Prozent.

Das «Grundübel» sei schlechte technische Ausstattung, sagte ein Sprecher. Einige Führungskräfte wollten auch vor Ort sehen, was ihre Mitarbeiter machen. Und in manchen Fällen wie der Steuer sei Homeoffice wegen der Datensicherheit unmöglich.

Wie soll es weitergehen?

Was tun also? Mehr Homeoffice und gegebenenfalls große Teile der Wirtschaft im nächsten Schritt stoppen? Dass strenge Maßnahmen helfen, die Ausbreitung des Virus deutlich zu verringern, zeigen Beispiele wie China, wo die Regierung viel rigoroser durchgreift. Ob man das mit all den damit verbundenen Folgen wolle, müsse für jeden einzelnen Fall diskutiert werden, sagte Zeeb.

Klar sei aber, dass die Grundlagen für politische Entscheidungen verbessert werden müssten. «Wir können unsere Entscheidungen noch nicht gut begründen, auf Grundlage von Daten», so der Forscher. «Wir wissen nicht mal hinterher, was ausschlaggebend gewesen ist.»

Die Pandemie werde noch Monate anhalten. Daher sei es wichtig, gemeinsam zu entscheiden, welche Daten man einheitlich erheben wolle und wie diese intelligent interpretiert werden können. Das laufe bisher viel zu lückenhaft und uneinheitlich, so Zeeb. «Positiv formuliert: Da ist noch zu viel Vielfalt im System.»

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