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Coronavirus in Deutschland

Forderungen nach «Kindergipfel» und Hilfen für Eltern

Stand 08.05.20 - 14:52 Uhr

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Deutschland macht sich in der Corona-Krise locker: Die Wirtschaft fährt wieder hoch, Geschäfte und Restaurants öffnen, mehr Kontakte sind möglich - doch in Kitas und Schulen ist an Regelbetrieb noch nicht zu denken. Viele Eltern fragen sich, wie lange noch.

Forderungen nach «Kindergipfel» und Hilfen für Eltern

Eine Lehrerin in Schleswig-Holstein begrüßt ihre Schüler mit einem "Willkommen zurück"-Schild. Foto: Carsten Rehder/dpa

Mehr Unterstützung für Familien

Berlin (dpa) – Wegen der weiterhin ungewissen Perspektiven für Schulen und Kitas in der Corona-Krise reißen die Forderungen nach mehr Unterstützung für Familien nicht ab.

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«Wir brauchen einen Kindergipfel der Ministerpräsidenten und zuständigen Landesminister im Kanzleramt», sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch der dpa. Kinder, Frauen und Familien seien die Verlierer der Krise.

Erneut werden zudem Forderungen laut, die Lohnfortzahlung für Eltern, die wegen geschlossener Kitas oder Schulen nicht arbeiten können, zu verlängern. Der Bundesverband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) kritisierte derweil die in den Lockerungsplänen von Bund und Ländern vereinbarte Infektionsobergrenze als viel zu hoch.

Kritik an der langsamen Öffnung von Schulen und Kitas

«Es kann nicht sein, dass Autos höchste Priorität erhalten und unsere Jüngsten aus dem Raster fallen», sagte Bartsch mit Blick auf den jüngsten «Autogipfel» im Kanzleramt. Das Recht auf Schule, Bildung und Betreuung dürfe nicht länger ausgesetzt werden. Die bildungspolitischen Lockerungen müssten mit denen der Wirtschaft Schritt halten.

Der Unterricht an vielen Schulen ist nach wochenlangen Komplettschließungen inzwischen eingeschränkt wieder angelaufen. Bis zum Sommer soll der Betrieb auf immer mehr Klassen ausgeweitet werden, allerdings wird es wegen des Abstandsgebotes auf absehbare Zeit keinen Normalbetrieb geben können.

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Schulregelung in allen Bundesländern unterschiedlich

In «Schichtmodellen» werden Schüler abwechselnd an der Schule und zu Hause lernen. In den Kitas wird zwar schrittweise die Notbetreuung ausgeweitet, aber in den meisten Bundesländern ist noch unklar, wann wieder alle Kinder betreut werden können.

«Die bisherigen Maßnahmen, den Kita- und Schulbetrieb nur mit Handbremse aufzunehmen, werden den Erfordernissen und Bedürfnissen von Kindern und Eltern in keiner Weise gerecht», kritisierte Bartsch. Er forderte Regelungen, «die flächendeckend gelten».

Katharina Queisser, Vorstandsmitglied der Bundeselternvertretung, sagte der «Passauer Neuen Presse»: «Immer mehr Eltern sind richtig sauer. Die Spielhallen für Erwachsene machen auf, aber die Kitas bleiben weiterhin geschlossen.»

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Längere Lohnfortzahlung für betroffene Eltern gefordert

Auch aus der CDU kommen nun Rufe nach einer Verlängerung der Lohnfortzahlung für Eltern, die wegen geschlossener Kitas und Schulen ihre Kinder selbst betreuen und damit nicht zur Arbeit gehen können. Man fordere Bund und Länder dazu auf, die Regelung zu verlängern, heißt es in einem Beschluss des Bundesvorstandes der Frauen Union, der der dpa vorliegt.

«Wir dürfen Eltern nicht im Stich lassen. Es sind überwiegend die Frauen, die in dieser Krise die Kinder betreuen und dafür Verdienstausfall in Kauf nehmen», sagte die Bundesvorsitzende Annette Widmann-Mauz.

 Lohnfortzahlung für betroffene Eltern aktuell nur 6 Wochen

Derzeit können Eltern bis zu 67 Prozent ihres Lohns vom Staat erhalten, wenn sie Kinder unter zwölf Jahren wegen geschlossener Kitas und Schulen zu Hause betreuen müssen und deshalb Einkommensverluste haben.

Ferien- und Schließzeiten werden nicht mitgerechnet. Die Leistung ist begrenzt auf 2016 Euro für einen vollen Monat und wird zudem maximal für sechs Wochen gezahlt. Für manche Eltern wären die Zahlungen nach Angaben von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) damit Mitte Mai erschöpft. Sie hatte im April in Aussicht gestellt, die Lohnausfallzahlungen zu verlängern. Auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte eine «Anschlussregelung» angekündigt, bisher steht diese allerdings aus.

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«Corona-Schutzschirm» für Familien

Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte in einer Mitteilung einen «Corona-Schutzschirm» für Familien. Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann sagte, es zeichne sich mehr als deutlich ab, dass es eine Rückkehr in den Alltag, wie vor der Pandemie, mit regelhaft geöffneten Kitas und Schulen, für sehr lange Zeit nicht geben werde. Daher brauche man sehr viel weitergehende Unterstützungen für Kinder und ihre Familien. «Das schließt sowohl monetäre Unterstützungsleistungen im Falle von möglichen Verdienstausfällen als auch weitere Unterstützungsformen, insbesondere im Bildungssystem, mit ein.»

Die Kinderkommission des Bundestages forderte eine «echte Perspektive» für Kinder und Familien, wann und wie Betreuungseinrichtungen, Schulen, außerschulische und sonstige Angebote einen regelmäßigen Betrieb wieder aufnehmen könnten. Dabei müsse akzeptiert werden, dass gerade kleine Kinder – bei aller Bereitschaft – oft nicht in der Lage sind, Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.

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Kritik an Obergrenze für Neuinfektionen – Grenze zu hoch angesetzt

Die Ärzte in Gesundheitsämtern bemängelten die in den Lockerungsplänen von Bund und Ländern vereinbarte Infektionsobergrenze als viel zu hoch. «Wie die Gesundheitsämter damit klar kommen sollen, ist mir ein Rätsel. Das ist nicht zu schaffen», sagte die Verbandsvorsitzende Ute Teichert dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). «Die Gesundheitsämter werden ohne dauerhafte Personalunterstützung in die Knie gehen.»

Die Obergrenze hatten Bund und Ländern als «Notbremse» im Lockerungskonzept vereinbart. Die Länder sollen laut Beschluss sicherstellen, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen sofort wieder ein konsequentes Beschränkungskonzept umgesetzt wird.

Gesundheitsämter überfordert mit der Obergrenze

Teichert sagte dem «RND»: «Zahl 50 ist eine mir nicht bekannte Zahl. Uns ist schleierhaft, wo sie herkommt.» Sie betonte, die Gesundheitsämter hätten in den vergangenen Wochen die Arbeit nur geschafft, weil das Personal unter anderem durch Medizinstudenten und viele Freiwillige verdrei- bis vervierfacht worden sei. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Donnerstag im Bundestag gesagt, der öffentliche Gesundheitsdienst sei ein wichtiger Pfeiler in dieser Krise und solle weiter gestärkt werden.

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